Friedehorst Logo
Eine Großansicht verschiedener Pinsel

Suchthilfe

Wohngruppe für Menschen mit alkoholbedingtem Korsakow-Syndrom

Das Bodo-Heyne-Haus in der Bremer Neustadt ist ein Wohnverbund von Wohngruppen für Erwachsene. Hier befindet sich eine Wohneinrichtung für alkoholkranke Menschen. Sie bietet ein bedarfsorientiertes Zuhause für Erwachsene, die in Folge von Alkoholismus unter hirnorganischen Veränderungen leiden. Zum anderen befindet sich im Haus eine Wohngruppe für Erwachsene mit Behinderung.

Die Wohngruppe für alkoholkranke Menschen ist bestimmt für Betroffene, die durch langjährigen Alkoholmissbrauch und mangelhafte Ernährung aufgrund der alkoholtoxischen Wirkung beträchtliche hirnorganische Veränderungen erlitten haben. Diese Veränderungen führen schließlich zum Verlust von Gedächtnisleistungen und -funktionen, dem so genannten Korsakow-Syndrom. Neue Gedächtnisinhalte können aufgrund von Störungen im Kurzzeitgedächtnis nicht dauerhaft gespeichert werden.

Die Betreuungs- und Förderleistungen im Bodo-Heyne-Haus bewirken einen Entwicklungsprozess in Richtung dauerhafter Abstinenz und fördern eine Einschätzung der eigenen Suchtproblematik. Die medizinische Versorgung erfolgt über niedergelassene Ärztinnen und Ärzte.

Zum Förderangebot der Suchthilfeabteilung im Bodo-Heyne-Haus gehören Gedächtnistraining, psychosoziales Training, Sport, Musik und kreatives Gestalten. Das gemeinsame Kochen, Backen und Erledigen der Hausarbeit dient der Stärkung des Selbstwertgefühls. Ausflüge und Gespräche ergänzen das Angebot.

Ziel unserer Arbeit ist es, den im Bodo-Heyne-Haus lebenden Menschen einen stabilisierenden, suchtmittelfreien und sinnvollen Lebensrahmen zu bieten, indem jede einzelne Person sowohl mit ihren gesunden, als auch defizitären Anteilen gesehen, begleitet und bestmöglich gefördert wird.

Ein Beispiel "aus dem Leben":

Dies ist die Geschichte von Peter Winarski, der erfolgreich seine Alkoholsucht bekämpft hat. Das Team der Suchthilfe des Bodo-Heyne-Hauses hat ihm auf seinem Weg zurück in ein eigenständiges Leben geholfen:

Am 9. November 2009 bin ich nach fünfwöchigem Reha- Aufenthalt in das Bodo-Heyne-Haus in Bremen gezogen. Was war vorgefallen? Ich bin Alkoholiker - seit Jahren - und Ende August 2009 mit besoffenem Kopf in meinem Haus die Treppe runtergestürzt. Die Folgen: Schädelverletzung - Notarzt - Rettungswagen - Intensivstation - einige Tage im Koma. Ich saß beim „Deibel" ganz vorne an der Kante auf der Schippe - aber selbst der wollte mich wohl nicht haben!

Nach acht Wochen Krankenhaus - in denen ich so gut wie nur im Bett gelegen habe - ein wenig Rollstuhl fahren, ein paar Schritte am Rollator und Krankengymnastik, kam die Reha in Gyhum. Hier sollte ich lernen, meinen Körper, meine Gliedmaßen wieder zu bewegen. Zu Beginn auch hier wieder Rollstuhl, Rollator, dann teilweise schon Krückstock, viel Krankengymnastik und Ergotherapie. Es ging langsam vorwärts! Glücklicherweise stand - trotz allem - meine gesamte Familie - Eltern - Kinder - Geschwister - hinter mir. Meine Schwägerin Sabine übernahm zudem meine persönliche Betreuung. Schnell wurden wir uns einig: Sie kümmert sich um meine „Hinterlassenschaft": Berge von offenen Rechnungen, Mahnungen, ungeöffneten Briefen, Schulden, etc. - Was in einem typischen Alkoholikerhaushalt neben leeren Bier - und Wodkaflaschen - so anfällt. Dieses funktioniert aber nur, wenn ich voll mitmache!! Meine Aufgabe war nur eine: Abstinent zu bleiben und meine Gesundheit wieder herzustellen. Unser gemeinsames Ziel lautete: Irgendwann in der Zukunft wieder für mich alleine verantwortlich zu sein. Meine Angelegenheiten wieder selber zu regeln und frei vom Alkohol zu bleiben.

Schon bald wurde klar: In mein Haus, nach Ammersbek, einem kleinen Dorf in Schleswig Holstein, konnte ich nicht wieder zurück. Das würde unweigerlich schief gehen. Also zurück nach Bremen! Das Bodo-Heyne-Haus in der Neustadt. Ich bin gebürtiger Bremer, hier und „umzu" wohnt meine ganze Familie. Nun galt es noch eine geeignete Unterkunft für mich zu finden. Sie musste Sicherheit bieten bezüglich meiner Abstinenz, andererseits allerdings auch Freiraum für meine selbstständige, auf die Zukunft gerichtete Entwicklung. Und es musste ein nahtloser Übergang von der Reha möglich sein. An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an den sozialen Dienst in der Reha-Klinik- Gyhum. Sie empfahlen das Bodo-Heyne-Haus in Bremen und unterstützten uns bei den Formalitäten. So habe ich es gefunden und mein ZIEL erreicht!! Ich bin in Bremen angekommen und ziehe nun Ende September in meine eigene Wohnung.

Warum der Titel „TRAININGSLAGER"? Während meines ersten Entwicklungsgespräches im Bodo-Heyne-Haus habe ich diesen Ausdruck geprägt. Hier wollte ich für mein Ziel trainieren. Wie lange das Training dauern würde? Die Zeit war nicht festgelegt. Entscheidend war, das Ziel niemals aus den Augen zu verlieren und es zu erreichen: Selbstständigkeit - Eigenverantwortung - Abstinenz . Dies ging nur über körperliche und geistige Fitness. Tägliche Spaziergänge waren angesagt, mit immer größer werdendem Radius. Damit einhergehend auch geistiges Training. Die Gegend erkunden, alte Erinnerungen auffrischen. Wo finde ich Ärzte, Geschäfte, oder ganz banal, einen Briefkasten? Es war mitten im Winter. Wetter - wen interessiert das?

Schon im Dezember schaffte ich es bis auf die Bürgermeister-Smidt-Brücke, um von dort in die Weser zu spucken und mich in „meiner" Stadt zurückzumelden. Zur Weihnachtszeit spazierte ich mit Krückstock von der Neustadt über den Gauklermarkt an der Schlachte entlang zum Marktplatz mit Rathaus und Roland. Ein tolles Gefühl! Der Krückstock hat inzwischen ausgedient.

So ganz reibungslos verläuft ein solcher Weg jedoch nicht. Eine Einrichtung, wie das Bodo-Heyne-Haus, in der viele Menschen unterschiedlichster „Bauart" zusammen leben, braucht Regeln und Grenzen. Jedoch für jemanden, der wie ich seinen eigenen Weg geht, der sein festes Ziel hat und für den das Haus nur eine Zwischenstation darstellt, werden diese Regeln und Grenzen bald zu Hindernissen, zu „Bremsklötzen". Es bleibt nichts anderes übrig, als sie - wenn notwendig - zu durchbrechen. Damit eckt man an. Es gibt Auseinandersetzungen mit den Betreuern. Was tun? Kuschen oder sich „gerade machen"? Sich den Auseinandersetzungen zu stellen und diese „auszufechten" ist auch ein Teil des Trainingsprogramms!

Ein weiterer, sehr entscheidender Teil: Seine Tage planen, nicht einfach in diese hinein leben. Sich Aufgaben suchen, Ziele für den Tag festzulegen und zu planen. Termine einhalten bedeutet vor allem eins: Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Mit Pünktlichkeit macht man sich nicht nur Freunde. Man wird schnell als der „Pingelige" angesehen, besonders von denen, die es selber mit der Zeit nicht so genau nehmen und auf eine konkrete Frage lieber mit einem: „Machen wir gleich" antworten, als eine Uhrzeit zu nennen.

Da muss man durch und hart bleiben. Nachfragen! „Also, wann denn nun?" Das nervt. Man erntet böse Blicke und entsprechende Antworten. Wenn man von anderen Pünktlichkeit erwartet, muss man sie auch selbst zeigen. Man muss absolut zuverlässig sein. Sprich, wenn man das Haus verlässt, nicht nur sagen, dass man geht, sondern auch, wann man zurück ist. Und dann auch spätestens da sein! Früher geht immer! Später auf keinen Fall - oder rechtzeitig Bescheid sagen! Die Mitarbeiter haben ein Recht darauf. Sie tragen schließlich die Verantwortung für alle Bewohner, auch wenn sie noch so selbstständig sind. Nun gut, es gab auch hin und wieder kleine „Nickligkeiten", aber ich denke, dass würde zu weit führen: Erbsenzählerei.

Kommen wir zum Ende. Irgendwann im Frühjahr war es dann soweit, über den Zeitpunkt meines Auszuges und eine eigene Wohnung zu entscheiden. Wir einigten uns auf Ende Oktober 2010. Dann bin ich über ein Jahr trocken und knapp ein Jahr im Trainingslager! Meine eigene Wohnung habe ich im September bezogen, nun wird sich zeigen, ob ich gut und ausreichend trainiert habe und wie gut meine Trainer waren. Aber glauben Sie mir, da ich nichts dem Zufall überlasse, wird auch dies seinen richtigen Gang gehen.