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Das Berufsförderungswerk wird "anderer Leistungsanbieter"

21.2.2020
Eine Beratungssituation zwischen zwei Personen

Am 1. Januar 2018 trat mit dem Bundesteilhabegesetz, kurz BTHG, ein umfassendes Gesetzespaket in Kraft, das für Menschen mit Behinderungen viele Verbesserungen vorsieht und ihnen mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung ermöglicht. So legt es unter anderem fest, dass Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen, kurz WfbM, haben, eine Alternative zur beruflichen Bildung und zur Beschäftigung in den Werkstätten bekommen. Dies bedeutet, dass sie mit Inkrafttreten des Gesetzes Bildungs- und Beschäftigungsangebote auch bei sogenannten "anderen Leistungsanbietern" in Anspruch nehmen können. Damit sollen sie eine dauerhafte Alternative zu einer Tätigkeit in einer WfbM bekommen. „Andere Leistungsanbieter" können alle Träger und Unternehmen sein, die die gesetzlich vorgeschriebenen, fachlichen Anforderungen erfüllen – wie das Berufsförderungswerk Friedehorst. „Der Geschäftsführer von Friedehorst Teilhabe Leben, Herr Matthes, hat uns angesprochen, ob wir bei diesem Thema nicht ein gemeinsames Projekt ins Leben rufen möchten. Berufliche Bildung ist unsere Kernkompetenz, Friedehorst Teilhabe Leben hat das Fachwissen für den Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen und würde anschließend Arbeitsbereiche zur Verfügung stellen", erklärt Imke Potthast, Referentin der Geschäftsführung.
Seit Sommer 2019 erarbeitet ein Team mit Vertretern aus beiden Gesellschaften ein Konzept für das Angebot „anderer Leistungsanbieter". Dieses sieht vor, dass die Teilnehmer zuerst in Kleingruppen ein dreimonatiges Eingangsverfahren absolvieren, in dem ihre Fähigkeiten und Interessen ermittelt werden. Im Anschluss durchlaufen sie im Berufsförderungswerk in Lesum eine zweijährige berufliche Bildung in den Bereichen Hauswirtschaft, Lager/Logistik oder Hausmeisterhelfer, die sich inhaltlich an der offiziellen Ausbildung orientiert. Anders als bei einer herkömmlichen Ausbildung schließen die Teilnehmer nicht mit einem Kammerabschluss ab, sondern mit einem hausinternen Abschluss. Anschließend erhalten sie im Bereich Friedehorst Teilhabe Leben eine Beschäftigung. Geplant ist zudem, dass sie während der Ausbildung Praktika in Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt, in den Gesellschaften von Friedehorst oder anderen Werkstätten absolvieren.
Neben der beruflichen Bildung, die die Teilnehmer in Kleingruppen in dem gewählten Arbeitsfeld erhalten, steht auch die Förderung sozialer Kompetenzen auf dem Lehrplan. „Wie komme ich selbstständig von A nach B? Wo bekomme ich mein Geld her? Wie backe ich einen Kuchen? Wir möchten den Nutzern auch soziale Kompetenzen vermitteln, die ihnen helfen, den Alltag so selbstständig wie möglich zu meistern. Diese Förderung erfolgt gruppenübergreifend", ergänzt Imke Potthast.
Derzeit befindet sich das Projekt noch in der Konzeptionsphase. „Andere Leistungsanbieter" müssen vertraglich bestimmte Anforderungen in Bezug auf fachliche Qualifikationen des Personals, räumliche und sächliche Ausstattung erfüllen. „Diese Anforderungen arbeiten wir derzeit ab. Wir gehen aber davon aus, dass wir die Anerkennung durch die Vertragspartner im Sommer 2020 erhalten und dann auch gleich loslegen können", berichtet Imke Potthast. Wichtig herauszustellen ist, dass „andere Leistungsanbieter" berufliche Bildung oder Beschäftigung an bieten, wie sie ansonsten in einer WfbM angeboten werden, sie sind jedoch keine "Arbeitgeber".. Die dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen haben dieselben Rechte, die sie auch in einer Werkstatt hätten.
Zunächst richtet sich das Angebot an Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen sowie an Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen oder mit Autismus. Später soll das Angebot auch für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung zugänglich sein.