Friedehorst Logo

15 Jahre Jona – Ehrenamtliche erinnern sich

16.12.2021
Leben – darum geht es in dem 2006 gegründeten ambulanten Kinderhospizdienst Jona der bremischen Stiftung Friedehorst, der in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert. Im Mittelpunkt der Arbeit steht das Leben von Familien in denen Kinder leben, die unter einer fortschreitenden oder lebensverkürzenden Krankheit leiden. Begleitet werden die Familien und Kinder dabei von ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter:innen, die in einem speziellen Kurs auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Die Ehrenamtlichen kommen in die Familien oder Friedehorster Einrichtungen und unterstützen, unternehmen etwas mit den Kindern oder  Geschwistern, hören zu, sind da. Ohne die wichtige Unterstützung der Ehrenamtlichen wäre die Arbeit des Kinderhospizdienstes Jona kaum möglich.
Anlässlich des 15. Geburtstags der Einrichtung haben wir drei Ehrenamtliche der ersten Stunde interviewt und sie gefragt, an was sie sich besonders gerne erinnern, warum ihnen die Arbeit mit den Kindern so am Herzen liegt und was ihnen in traurigen Momenten hilft.

Als Bernadette Lüdtke nach mehreren Jahren Ehrenamt in der katholischen Kirche eine neue Aufgabe suchte, las sie einen Bericht über den Kinderhospizdienst Jona. „Ich dachte sofort: Warum nicht?", erinnert sie sich. „Kinder sind für mich ungeheuer wichtig. Ich habe ihnen auch in meinem vorherigen Ehrenamt bei der Kirche viel Liebe gegeben, nun wollte ich sie vor allem den Kranken widmen." Die Idee von Jona,Kinder mit einer lebensverkürzenden Krankheit schon ab Geburt zu unterstützen, fand Bernadette Lüdtke schön. „So hat man die Möglichkeit, einen großen Teil des Lebens zu begleiten", sagt sie. „Das ist sehr beeindruckend." Denn
trotz der Krankheit der Kinder, die immer im Raum stehe, sei in den gemeinsamen Momenten ganz viel Freude zu finden. „Die Arbeit mit den Kindern bei Jona hat mein Leben bereichert", sagt die 69-Jährige.
Bernadette Lüdtke erinnert sich noch gut an ihre erste Begleitung: ein junges Mädchen mit seelischer und körperlicher Behinderung, das die Löhnhorsterin ein- bis zweimal die Woche im Krankenhaus besuchte. Sieben Jahre war das ein fester Bestandteil ihres Alltags, bis sich der Zustand des Mädchens stark verbesserte – für Lüdtke tolle Nachrichten. Seit mittlerweile sieben Jahren begleitet die Seniorin nun ein Mädchen in Haus Mara, mit der sie regelmäßig Zeit verbringt: Dann steht meistens rausgehen auf dem Plan. „Sie liebt den Regen, den Wind, die Sonne, rauschende Blätter ...", berichtet die Ehrenamtliche. „Es sind die kleinen Dinge, die für sie große Wirkung haben." Ein Erlebnis ist der Jona-Ehrenamtlichen aus den 15 Jahren besonders eindrücklich im Gedächtnis geblieben: Als Vertretung für eine Kollegin besuchte sie einen 19-Jährigen mit einer Lungenerkrankung, der an akuter Luftnot litt. „Ich sollte einfach nur da sein", erinnert sie sich. „Ich habe ihm dann vorgelesen und er wurde immer ruhiger." Am nächsten Tag bedankte sich der junge Mann telefonisch beim Kinderhospizdienst für den schönen Besuch, bevor er am Tag darauf verstarb. „Das berührt mich bis heute", sagt Bernadette Lüdtke.

Auch Heike Schimanski spürte nach einem Zeitungsartikel über Jona, dass sie mit ihrem Ehrenamt Kinder unterstützen möchte.  „Ich habe irgendwie gemerkt, dass ich nicht daran vorbeilaufen kann", erinnert sich die Mutter. Ihre erste Begleitung war ein junges Mädchen im Wachkoma, das sie zweimal die Woche im Krankenhaus besuchte. „Es gab viel Körperkontakt, wir haben einfach viel gekuschelt", sagt die Ehrenamtliche. Da die Mutter des Kindes nicht vor Ort war, war das ein besonders wichtiger Teil ihrer Arbeit. Auch als das Mädchen später nach Friedehorst kam, spielte die menschliche Wärme von Heike Schimanski eine große Rolle in der Betreuung. Als das Mädchen 2009 in ihren Armen starb, war das für die Jona-Ehrenamtliche ein trauriger und zugleich schöner Moment, da sie bei ihr war: „Es war ganz schlimm, als sie starb, aber auch das Beste, das uns in der Situation passieren konnte. So ist sie ganz friedlich und gut behütet gegangen." Den Verlust nach einem Tod zu überwinden, benötige dennoch seine Zeit, sagt Heike Schimanski. „Man trauert sehr."
Motiviert durch die ehrenamtliche Arbeit für Jona hat die Bremerin mittlerweile ein Studium für Palliativ Care abgeschlossen, ihren sicheren Job als Sozialversicherungsfachangestellte gekündigt und eine Stelle in einer Friedehorster Wohngruppe angefangen. Ihr Ehrenamt beim Kinderhospizdienst erfüllt sie weiterhin mit Freude: „Man lernt immer wieder neue, andere Menschen kennen. Keine Begleitung ist wie die andere." Besonders gerne erinnert sie sich an die Begleitung eines Mädchens zurück und den  Moment, als dieses das erste Mal die Klinik verlassen durfte. „Ihr Strahlen, das vergesse ich nicht."

Für Alke Struß aus Schwanewede sind es vor allem die kleinen Momente, an die sie gerne zurückdenkt: Gemeinsame Spaziergänge, Eis essen, zusammen ein bisschen die Welt entdecken. Zehn Jahre begleitete sie im Rahmen eines Ehrenamts für den Kinderhospizdienst Jona einen Jungen mit einer lebensverkürzenden Diagnose. „Einmal habe ich Apfelmus zuhause gekocht und mitgenommen", erzählt die 55-Jährige. „Wir saßen dann zusammen auf einer Bank und haben gemeinsam das Apfelmus geschleckt." Spazierengehen, ein Besuch im Kräutergarten oder Kastanien zusammen ertasten – viel frische Luft und das Anregen der Sinne stand regelmäßig auf dem Programm, wenn Alke Struß ihren Schützling in Friedehorst besuchte. Gerne hat die pädagogische Mitarbeiterin auch ihre Hündin mit zu den Besuchen genommen. „Es sind die Kleinigkeiten, die für die Kinder von großer Bedeutung sind", sagt die Ehrenamtliche.